Der Tod in Venedig.

Novelle von Thomas Mann.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005
ISBN 3-10-048514-9

„Wahrhaftig, erwarteten mich nicht Meer und Strand, ich bliebe hier, solange Du bleibst!“
Auf Thomas Mann hat immer etwas gewartet. „Der Tod in Venedig“ jedoch erscheint mir als seine Vorstellung der Ereignisse, wenn er, Thomas Mann, geblieben wäre: Bei Hans Hansen, bei Tadzio, bei Franz Westermeier. Etwa so, wie in unserer Zeit halbwegs geschiedene Väter durch Kneipen hecheln und Teenager abknutschen.
Der stets schlanke, asketische Thomas Mann, in seinem Tod in Venedig lässt er den Bock fett werden. Und er beweist selbst in seinem Fraße noch mehr Geist als der ungemeine bundesdeutsche Bock, der tatsächlich glaubt, im Leben gäbe es etwas kostenlos, „just for fun“.
Doch wie der Gefallene sich nur am Schmutze noch erfreuen kann, empfindet auch Manns Bock bald „eine dunkle Zufriedenheit über die obrigkeitlich bemäntelten Vorgänge in den schmutzigen Gäßchen Venedigs.“
An die Wand geschrieben in einer Zeit, die Immunschwäche noch lange nicht so kannte wie wir heute. Bei Thomas Mann sorgt die indische Cholera für das Finale.
Und nein, einem Thomas Mann braucht keiner kommen mit „Düsseldorfer Tabellen“: Der zu Fleisch gewordene Gott stottert nicht ab, er begleicht seine Zeche mit leichter Hand.
„Minuten vergingen, bis man dem seitlich im Stuhle Hinabgesunkenen zu Hilfe eilte. Man brachte ihn auf sein Zimmer. Und noch desselben Tages empfing eine respektvoll erschütterte Welt die Nachricht von seinem Tode.“
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look at me!

Matrix.

Unheimlich, wie viele Menschen ihr Leben lang nicht hinaus kommen über das Schreiben von Urlaubspostkarten. Vielleicht reicht es der Welt tatsächlich zum Glück, wenn sie täglich ihre vier Stunden Glotze reingeschüttet bekommt. Die in die Hunderttausende gehende Gemeinschaft der Online-Gamer beweist mir, dass Menschen real mit einem tristen Viereck zufrieden sein können, wenn sie dafür virtuell Könige sein dürfen. Insofern ist "Matrix" für mich der visionärste Film des 21. Jahrhunderts. Und ich gäbe manches dafür, später der weiß gekleidete Architekt der Matrix zu sein. Und sei es in der Irrenanstalt. Wie Nietzsche. Ein Irrer, der alles weiß, der das Leben in seiner Tiefe durchmessen hat, bis es tiefer nicht mehr geht.

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