Sterbehilfe, aktiv.
Thanatos und Ker. Alte Räume, die sich unserer Gesellschaft neu erschließen. Und wir alle wissen ungefähr, was es dort zu sehen gibt.
Gleich dem Dichter Menandros bewege ich mich zur Türe hinein, stets ein Bild japanischer Kamikazeflieger bei mir, wie sie grimmig stehen mit Schriftzeichen auf der Stirn und ihrem Land Ehre bereiten wollen. Shimpū Tokkōtai!
Ein "Tag des höchsten Geleits", für den Oma sich das Kleid ausgesucht hat, wie einst zur Hochzeit.
"Time to say Goodbye" ertönt, um Oma herum erhebt sich die Verwandtschaft: leinenes Tuch gleitet vom Schierlingsbecher - alles blickt auf Oma, wie der älteste Sohn zur Rechten Oma behilflich ist beim Leeren des Bechers.
Die Musik wird lauter gedreht, einige Verwandte summen mit, fassen Oma noch einmal bei der Hand, während der älteste Sohn zur Rechten einen rituellen Text aufsagt: "Gebenedeit sind wir, die Früchte Deines Leibes, sprich nur ein Wort, so wird unsere Seele gesund."
Irrsinn, wie er plötzlich Normalität ist, behördlich geregelt und in weiße Tücher verhüllt, daran messe ich den Wert des Menschengeschlechtes für mein Handeln hier auf dieser Welt: ob ich Platz nehme im hell erleuchteten Ballsaal oder mich losreiße und allein den Sternen folge.
chSchlesinger - 10. Dezember, 22:51