Donnerstag, 22. Januar 2009

Von wahren Tieren und geträumten Menschen.

Tiere

"Da, ein Löwe!" ruft das Kind.
Der ist aus Pappe, weiß der Erwachsene.
"Sieh nur, wie hungrig!" ruft das Kind.
"Willst Du ein Eis?" Das mögen Kinder, weiß der Erwachsene.
"Ich will nach Afrika zu den Löwen", will das Kind.
In den Zoo lohnt jetzt nicht mehr, weiß der Erwachsene.
"Ich will nach Afrika zu den Löwen", will das Kind.
"Wir kaufen Dir in dem bunten Laden dort einen Löwen." Kinder lieben Stofftiere, weiß der Erwachsene.
"Kannst Du nur an Eis und an Spielzeug denken?" Das Kind verschränkt die Arme vor der Brust: "Was bist Du denn für ein Erwachsener?"
"Echte Löwen sind gefährlich, wenn sie hungrig sind", weiß der Erwachsene.
"Und deshalb denkst Du nur an Eis und an Spielzeug?"
"Echte Löwen machen Kindern Angst", weiß der Erwachsene.
"Erwachsene, die aus Pappe sind, noch viel mehr", weiß das Kind.

Seelenlos die Seele retten.

Seele

Stimmen wie das Meer, endlos sich wiegend in ihrem Klange. Drüber Feuer rauscht durchs Firmament. Klirrendes Weh kreist auf dunklem Grunde. Geschöpfe, ohne Namen und ohne Zahl, die gleich Wellen sich aufbäumen, bevor sie sinken, zerfließen, nie gewesen sind. Irrsinn, tosend, stampfend, schlagend, still. Was nur mag sich erheben aus diesen Fluten? Wort sein und Zahl, gegossenes Erz. Verbrennen im Abbild, ersaufen im Symbol. Leben kann nur leben in seiner Verneinung.

Kaffeehausliterat.

Nachtcafe

Freaks sind noch lange keine Genies, obzwar Genies oft Freaks waren. Sie waren es eben doch nur scheinbar. Denn hinter ihnen thronte Gott und die Natur, wenn auch ein wenig in allzu grotesken Formen. Es gibt Räusche, in denen man Symphonien dichtet; und es gibt Räusche, in denen man sich erbricht. Beides sind Räusche, Ekstasen, übertriebene Zustände. Aber Rausch und Rausch sind nicht gleich; und nicht jeder torkelnde Betrunkene schreibt dann in seinem einsamen Zimmer Schubert-Lieder!

Peter Altenberg.
logo

look at me!

Matrix.

Unheimlich, wie viele Menschen ihr Leben lang nicht hinaus kommen über das Schreiben von Urlaubspostkarten. Vielleicht reicht es der Welt tatsächlich zum Glück, wenn sie täglich ihre vier Stunden Glotze reingeschüttet bekommt. Die in die Hunderttausende gehende Gemeinschaft der Online-Gamer beweist mir, dass Menschen real mit einem tristen Viereck zufrieden sein können, wenn sie dafür virtuell Könige sein dürfen. Insofern ist "Matrix" für mich der visionärste Film des 21. Jahrhunderts. Und ich gäbe manches dafür, später der weiß gekleidete Architekt der Matrix zu sein. Und sei es in der Irrenanstalt. Wie Nietzsche. Ein Irrer, der alles weiß, der das Leben in seiner Tiefe durchmessen hat, bis es tiefer nicht mehr geht.

Archiv

Januar 2009
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
23
24
25
26
27
30
31
 
 

Impressum und Disclaimer
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren