Donnerstag, 15. Juni 2006

Leichter Laufen!

twoday1

Memory-Modus.

Wenn schon keinen neuen Schachcomputer, dann wenigstens etwas in alten Partien schwelgen, von denen viele auch Erinnerungen sind an meine damaligen Lebensumstände:
Die folgende Partie wurde gespielt in den stillen Tagen zwischen Weihnachten und Sylvester 1990. Damals schwor ich auf Anzug und Krawatte, und schrieb nur mit Füllfederhalter.
Hinter mir lag ein geniales Familientreffen, mit all meinen Brüdern, Cousinen und Cousins, vor mir der Wehrdienst.
Die Partie wurde gespielt zu einer Zeit, als man für einen Schachcomputer Fidelity Avantgarde mit Motorola 68040-Prozessor noch 20.000 DM verlangen konnte - und bekam.
Dagegen war mein Mephisto Roma II mit dem Motorola 68000 ein Schnäppchen, und eine verbesserte Version des Schachcomputer-Weltmeisters von 1987.

Schlesinger - Roma II, Turnierpartie, zwei Stunden Bedenkzeit für 40 Züge.

1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.Ld3 Sc6 5.c3 Sf6 6.Lf4 Lg4 7.Db3 Dd7 8.Sd2 e6 9.Sgf3 Lxf3 10.Sxf3 Sh5!? (Der Zug wirkt nicht sonderlich stark, aber er stammt von keinem Geringeren als Jose Raul Capablanca, Schachweltmeister von 1921 bis 1927.) 11.Se5 (Von dem amerikanischen Großmeister Walter Browne 1973 in die Praxis eingeführt.) 11...Dc7 12.Le3 Ld6 13.Dd1 (1990 wohl noch völliges Neuland. Laut meiner über zwei Millionen Partien fassenden Datenbank, kam diese Stellung erst 1994 ein zweites Mal vor. Mephisto spielt auch weiterhin weltmeisterlich.) 13...Sf6 14.f4 0-0 15.0-0 Se7?! (Ein Schritt ab vom richtigen Weg. Standartplan für Schwarz ist hier der so genannte Minoritätsangriff: Schwarz tauscht seine Bauern am Damenflügel, und attackiert den verbleibenden Bauern von Weiß mit allen Kräften.) 16.Sg4 Sxg4 17.Dxg4 (Die weiße Dame taucht gewaltig am Königsflügel auf.) 17...Tac8 18.Tae1 Sg6 19.Lc1! (Schützt den Damenflügel und bereitet die Türme vor zur Überführung auf die Angriffslinien g und h.) 19...f5 (Durchkreuzt den weißen Plan. Aber nun ist der Bauer e6 sehr schwach.) 20.De2 Tf6 21.g3 Sf8 22.Le3! (Da Schwarz am Königsflügel nahezu bewegungslos ist, bereitet Weiß seinen Aufmarsch am Damenflügel vor.) 22...Sd7 23.Tc1 Sb6 24.b3 La3 25.Tc2 Tg6 26.Kh1 Th6 27.Lc1 Le7 28.Lb2 Dd6 29.Te1 Tc7 30.a4! (Schwarz steht bei vollem Brett auf Verlust.) 30...Dc6 31.Lb5 Dd6 32.a5 Sd7 33.Ta1 Sb8 34.La3 Dd8 35.Lxe7 Dxe7 36.Te1 a6 37.La4 Da3 38.De5! (Welche Dame ist hier Königin?) 38...Tc8 39.c4 Df8 40.c5 (Hans Kmoch: Die Kunst der Bauernführung.) 40...Sc6 41.Lxc6 Txc6 42.Tb2 Dd8 43.b4 Tc8 44.Teb1 Dc7 45.Dxc7 Txc7 46.b5 Kf7 47.bxa6 bxa6 48.Tb7 (Die schwarze Stellung bricht zusammen.) 48...Txb7 49.Txb7+ Ke8 50.Txg7 Kd8 51.Ta7 Kc8 52.Txa6 (Der a-Bauer geht zur Dame, daher:) 1-0
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look at me!

Matrix.

Unheimlich, wie viele Menschen ihr Leben lang nicht hinaus kommen über das Schreiben von Urlaubspostkarten. Vielleicht reicht es der Welt tatsächlich zum Glück, wenn sie täglich ihre vier Stunden Glotze reingeschüttet bekommt. Die in die Hunderttausende gehende Gemeinschaft der Online-Gamer beweist mir, dass Menschen real mit einem tristen Viereck zufrieden sein können, wenn sie dafür virtuell Könige sein dürfen. Insofern ist "Matrix" für mich der visionärste Film des 21. Jahrhunderts. Und ich gäbe manches dafür, später der weiß gekleidete Architekt der Matrix zu sein. Und sei es in der Irrenanstalt. Wie Nietzsche. Ein Irrer, der alles weiß, der das Leben in seiner Tiefe durchmessen hat, bis es tiefer nicht mehr geht.

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