Sonntag, 23. November 2008

On the Road.

Absteige-vor-Paris-3

"...denn die einzigen Menschen sind für mich die Verrückten, die verrückt sind aufs Leben, verrückt aufs Reden, verrückt auf Erlösung, voll Gier auf alles zugleich, die Leute, die niemals gähnen oder alltägliche Dinge sagen, sondern brennen, brennen, brennen wie phantastische gelbe Wunderkerzen und wie Feuerräder unter den Sternen explodieren, und in der Mitte sieht man den blauen Lichtkern knallen und alle rufen: Ahhh!"

Jack Kerouac

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Nimmerland.

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Jenes mit meiner Kindheit verwehte Gefühl der Unsterblichkeit, ich trauere sehr darum. Ein Peter Pan gewesen sein, dem das Himmelreich gehört. Sagen können, dass dieses Gestrüpp nun Batmans Höhle sei und jener Erdhügel Supermans "Festung der Einsamkeit". Die Kirchengemeinde und der Garten Eden, von dem Lehrer Quander uns unterrichtete, beides stand für mich überhaupt nicht in Frage. Oh, was konnte ich beten! So gesund und so kraftvoll, wie ein junger Wolf den Mond anheult.

Warum Sterben?

Wenn ich schlafe, wenn ich träume, lebe ich dann weniger, als wenn ich wache? Seit Jahren denke ich nach über die Möglichkeiten unseres Daseins. Schneeflocken etwa sind mit dem Mikroskop besehen mehr, als unser Auge jemals wahrnehmen wird. Keine Realität, hinter der sich nicht noch eine Realität verbirgt. Was im freien Fall zu sein scheint, ist so in Wirklichkeit sanft behütet.
Weder unsere Augen vermögen uns zu segnen, noch unsere Ohren, noch die Hand, die wir spüren. Für unsere Sinne gibt es einen Anfang und ein Ende, gibt es Wege und Wände. Das Leben an sich aber kennt keine Grenzen. Mag es sich auch wandeln, es endet niemals.
Jeder von uns nun bringt diese Unendlichkeit auf seine Weise zum Schwingen. Wie wenn wir mit dem Finger stilles Wasser berühren. Das ist es, was bleibt. Für immer.
Teneriffa

64 Felder, die die Welt bedeuten.

The-Gruenfeld-Gambit-1

"Nach und nach glänzt mein Name doch auf, und das ist auch das einzige, wofür ich lebe!" schrieb Hans Christian Andersen. "Ich trachte nach Ehre wie der Geizige nach dem Klang des Goldes: beides ist zwar leer; aber für etwas muss man sich in dieser Welt doch begeistern, sonst fällt man ganz zusammen und verfault!"
Da das Leben zurzeit für mich ein bißchen unübersichtlich geworden ist, möchte ich mich vorerst zurück ziehen auf die 64 Felder, auf denen das Leben einst für mich begann.
Weiß und Schwarz, wie Tag und Nacht. Wenn mein Vater von der Arbeit nach Hause kam, spielten wir regelmäßig eine Partie Schach. Dann der "Grandmaster" auf dem Commodore 64. Monate schrieb ich an einem eigenen Schachprogramm. "Omicron Basic" wurde mein Buch Genesis. Ein Nachdruck des Bilguer von 1839 schenkte mir schließlich jenes Gefühl für die Ewigkeit, welches Paul Morphy noch vertiefte, als seine Partien mich das Giuoco pianissimo der Italienischen Partie derart gut lehrten, dass ich Spieler von Regionalliganiveau zusammen opfern konnte.
Während meiner Zeit bei der Bundeswehr schlich das Schachspiel sich dann aus meinem Leben, obwohl ich auf Vereinsebene Pokalsieger und Vizemeister wurde. Aber der Markt für Schachcomputer brach zusammen, und ich verlor so einen großen Teil meines Hobbys.
Als ich an die Ostsee verzog, ging auch der letzte Bezug zur Schachwelt verloren. Anschließend beim Travemünder Open "im Geld" zu sein, das hatte für mich nur noch den Charakter eines Events.

Nun also der reumütige Versuch eines Weges zurück in die Schachszene. Wobei es der Menschheit im Schachspiel ja zum ersten Male überhaupt gelungen ist, Gott wirklich nahe zu sein. Die Fünfsteiner beherrscht selbst Gott nicht besser als wir. Mittels Quad Core quasi "Brute Force" hin zu Antworten auf letzte Fragen. Und wenn es mir fortan in der Schachwelt glückt, etwas Wahrheit zu finden, dann bin ich als Mensch vielleicht schon Zeichen genug gewesen. Lauter ins Dunkel fließende Kolonnen, die in ihrer Gesamtheit irgendwann empor reichen zum Architekten der Matrix.

Nächtliches Tuttlingen.

"Mit einemmal fiel mir auf, wie sehr dies alles im Zeichen der Vergangenheit stand, wie viele Tote da mitgeredet hatten, ja wie das Lebendigste von allem die Toten gewesen waren. Es war Hölderlin, in jenem Augenblick unter den Tuttlinger Giebelhäusern, es war Mörike, mit der schönen Lau, auch an Arnim und die Kronenwächter hatte ich mich hier oft erinnert gefühlt, es waren die Meister all der Altäre, der Chorstühle, der Grabplatten, der herrlichen Bauten. Und so wie auf dieser Reise waren immer und überall Tote um mich gewesen, vielmehr Unsterbliche. Und diese lang gestorbenen Menschen, deren Worte mir lebendig waren, deren Gedanken mich erzogen, deren Werke die nüchterne Welt schön und möglich machten - Waren das denn nun nicht alle auch besondere, kranke, leidende, schwierige Menschen gewesen, Schöpfer aus Not, nicht aus Glück, Baumeister aus Ekel gegen die Wirklichkeit, nicht aus Übereinstimmung mit ihr?"

Hermann Hesse.

Mein Großvater im Prag Kafkas.

Grossvater-Prag
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look at me!

Matrix.

Unheimlich, wie viele Menschen ihr Leben lang nicht hinaus kommen über das Schreiben von Urlaubspostkarten. Vielleicht reicht es der Welt tatsächlich zum Glück, wenn sie täglich ihre vier Stunden Glotze reingeschüttet bekommt. Die in die Hunderttausende gehende Gemeinschaft der Online-Gamer beweist mir, dass Menschen real mit einem tristen Viereck zufrieden sein können, wenn sie dafür virtuell Könige sein dürfen. Insofern ist "Matrix" für mich der visionärste Film des 21. Jahrhunderts. Und ich gäbe manches dafür, später der weiß gekleidete Architekt der Matrix zu sein. Und sei es in der Irrenanstalt. Wie Nietzsche. Ein Irrer, der alles weiß, der das Leben in seiner Tiefe durchmessen hat, bis es tiefer nicht mehr geht.

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