Sonntag, 1. März 2009

Bloß kein Sozialversager sein?

Als ich noch zur Miete lebte, wohnten auf meiner Etage vier ältere, alleinstehende Damen. Der Mann verstorben oder mit einer Jüngeren über alle Berge, die Kinder aus dem Haus. Genau wie ich, der ich mein Leben noch vor mir hatte, mussten sie den Zweitschlüssel einer Nachbarin geben, "falls mal etwas ist." Dieses Endergebnis im Leben von vier "Sozialkapitalistinnen" fand ich ziemlich traurig.
Dafür jahrzehntelang in Filme gehen, die ich mir alleine nie angeschaut hätte, oder mir im Urlaub mit mehreren Leuten das Badezimmer teilen?
Ich frage ja nach: Sag mal, ihr seid doch lange ein Paar gewesen, habt ihr weiterhin Kontakt? Du, das war doch mal deine beste Freundin, trefft ihr euch noch? Ein Haufen "Zombie-Freunde". Da darf man wohl wirklich kein Problem damit haben, tot und vergessen zu sein.
Selbst versuchte ich mich ja auch einige Jahre in einem Gesellschaftsleben größeren Umfanges. Leider. Was schert es mich heute, 1999 in der Großen Freiheit ein tolles Konzert erlebt zu haben? Und dieses Gerede von Liebe und Freundschaft! Vieles davon sogar schriftlich. Kann ich das jetzt irgendwo einklagen? Alles sowas von gewesen, dass mir schlecht wird. "Deine Investitionen sind zwar weg", lächelt der Sozialkapitalist, "aber Du hast wenigstens das Sparen gelernt."
Meine Liebe als Hobbyschriftsteller funktioniert völlig anders. Einen Literaturnobelpreisträger etwa würde ich noch verehren, selbst wenn ich wüsste, ich wäre für ihn der letzte Dreck.
Häme über die Cliquenwirtschaft ist das jetzt nicht. Vielmehr bin ich traurig, wie viel Potential auf diese Weise verkleckert wird.

Trübe Tage.

Ein-trueber-Tag-II

Dem Leser ist es völlig egal, wer ich bin, was ich denke und was ich fühle. Meine "Message" interessiert ihn so wenig wie die der Schreihälse auf den Marktplätzen, die den Einkaufstüten ihr Evangelium in den Weg stellen. Wenn ich dem Leser angenehm bin, dann als ein Hausmeister seiner Sehnsüchte, der ihm immer neue Räume herrichtet, in denen er sich ergehen kann: "He is singing my life with his words."

Die Dankbarkeit eines Neffen.

Meinen Glückwunsch zu Deinem 60. Geburtstag möchte ich verbinden mit einem Gedenken an jene Nacht, als Du meinem Leben die Poesie geschenkt hast.
Sommer 1979, am Rande eines Bauernhofes. Zur Schlafenszeit fragtest Du mich, ob ich mit Dir hinaus auf die Felder wolle?
Mir als Kind war es ziemlich fremd, durch die Nacht zu wandeln. Der Mond stand hoch am Himmel. In seinem Lichte erschien mir das Leben seltsam neu, als wäre es sich seiner eben erst bewusst geworden. Warmer Wind strich durch schier endlose Weiten. Bis in den Horizont hinein wogte das Korn. Vom Waldesrand her hörte ich Vögel. Überall raschelte und erwachte es.
Eine Nacht wie diese sei etwas Schönes, erklärtest Du mir. Gerne würdest Du nachts spazieren gehen.
Nun gibt es aber kaum jemanden, der sich so unsterblich fühlt wie ein Kind. Was gingen mich die Nächte eines Erwachsenen an? Ich begriff damals wenig von alledem, das Du mir zu sagen versuchtest.
Doch jene Nacht, draußen auf den Feldern, sie blieb in mir. Und während anderer Nächte, Jahrzehnte später, verstand ich sie.
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look at me!

Matrix.

Unheimlich, wie viele Menschen ihr Leben lang nicht hinaus kommen über das Schreiben von Urlaubspostkarten. Vielleicht reicht es der Welt tatsächlich zum Glück, wenn sie täglich ihre vier Stunden Glotze reingeschüttet bekommt. Die in die Hunderttausende gehende Gemeinschaft der Online-Gamer beweist mir, dass Menschen real mit einem tristen Viereck zufrieden sein können, wenn sie dafür virtuell Könige sein dürfen. Insofern ist "Matrix" für mich der visionärste Film des 21. Jahrhunderts. Und ich gäbe manches dafür, später der weiß gekleidete Architekt der Matrix zu sein. Und sei es in der Irrenanstalt. Wie Nietzsche. Ein Irrer, der alles weiß, der das Leben in seiner Tiefe durchmessen hat, bis es tiefer nicht mehr geht.

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